Redaktion: Herr Reime, vielen Dank, dass Sie sich Zeit für dieses Gespräch nehmen. Solarinvestments gelten derzeit als zukunftssicher und nachhaltig. Sehen Sie das aus rechtlicher Sicht auch so?
RA Jens Reime: Grundsätzlich ja. Die Investition in Photovoltaik und andere Solartechnologien ist ein zukunftsorientierter Schritt – sowohl ökologisch als auch unter bestimmten Voraussetzungen wirtschaftlich. Aber wie bei allen Kapitalanlagen gilt: Nicht jedes Angebot ist seriös, nicht jedes Investment ist rechtlich sauber strukturiert. Anleger und auch private Betreiber sollten deshalb genau hinschauen.
Redaktion: Beginnen wir bei den privaten Investitionen – etwa einer Photovoltaikanlage auf dem eigenen Dach. Was sind hier die wichtigsten Punkte?
RA Jens Reime: Zunächst sollte geprüft werden, ob sich das eigene Dach überhaupt eignet – statisch, von der Ausrichtung her, und natürlich rechtlich, etwa bei Miet- oder Pachtimmobilien. Dann ist der Vertrag mit dem Anbieter entscheidend: Welche Leistungen sind enthalten? Wer übernimmt Wartung, Versicherung, technische Abnahme? Leider kommt es hier immer wieder zu Mängeln oder versteckten Zusatzkosten. Auch der Netzanschluss und die Einspeisevergütung müssen genau geregelt sein.
Redaktion: Viele Anbieter werben mit einer „sicheren Rendite“. Ist das aus Ihrer Sicht gerechtfertigt?
RA Jens Reime: Diese Aussage sollte man mit Vorsicht genießen. Die Einspeisevergütung ist zwar gesetzlich geregelt, unterliegt aber Änderungen. Auch Wetterbedingungen, technisches Versagen oder Probleme mit dem Netzanschluss können die Rendite schmälern. Wer sich auf eine sichere Rendite verlässt, ohne die wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen zu prüfen, geht ein unnötiges Risiko ein.
Redaktion: Kommen wir zu Solarprojekten als Kapitalanlage – etwa über Beteiligungen, Direktinvestments oder Genossenschaften. Worauf muss man hier achten?
RA Jens Reime: Das ist ein komplexer Bereich. Wichtig ist zunächst, ob es sich um ein reguliertes Investment handelt – also etwa um eine Vermögensanlage oder ein Wertpapier, das unter die Prospektpflicht fällt. Viele dubiose Anbieter versuchen, durch Umgehungskonstruktionen diese Pflichten zu vermeiden. Anleger sollten sich immer den Emissionsprospekt und die wirtschaftlichen Eckdaten anschauen, etwa zur Projektlaufzeit, zur Kapitalbindung und zu den Rückflüssen. Und ganz entscheidend: Wer haftet bei Problemen?
Redaktion: Können Sie ein Beispiel für eine typische Falle nennen?
RA Jens Reime: Gern. Ein Beispiel sind sogenannte Direktinvestments in Solarmodule im Ausland. Der Anleger kauft Module, die angeblich in einem Solarpark betrieben werden, bekommt eine feste Vergütung – so zumindest das Versprechen. In der Realität gehören dem Anbieter oft weder der Solarpark noch gibt es eine Absicherung für die versprochenen Einnahmen. Im Streitfall stehen Anleger dann vor dem Problem, dass sie weder den Standort kennen noch einen greifbaren Vertragspartner haben – vor allem, wenn dieser im Ausland sitzt.
Redaktion: Wie steht es um Genossenschaften oder Bürgerenergieprojekte?
RA Jens Reime: Das kann eine gute Möglichkeit sein, sich gemeinsam mit anderen lokal zu engagieren. Aber auch hier gilt: Die Satzung lesen, die wirtschaftliche Planung hinterfragen, und sich bewusst machen, dass es sich um unternehmerisches Risiko handelt. Auch Genossenschaften können scheitern – und dann haftet der Anleger in der Regel mit seiner Einlage.
Redaktion: Gibt es aus Ihrer Sicht rote Linien – also Warnzeichen, bei denen Anleger oder Interessierte besonders vorsichtig sein sollten?
RA Jens Reime: Ja, mehrere: Erstens, wenn übertriebene Renditen versprochen werden – mehr als 6 oder 7 Prozent sollten stutzig machen. Zweitens, wenn der Anbieter auf schnelles Handeln drängt oder keine vollständigen Unterlagen vorlegt. Drittens, wenn der Vertragsgegenstand unklar bleibt – also etwa unklar ist, wie genau das Investment funktioniert oder wer Vertragspartner ist. In solchen Fällen rate ich dringend zu einer rechtlichen Überprüfung vor Vertragsabschluss.
Redaktion: Was raten Sie jemandem, der unsicher ist?
RA Jens Reime: Wer Zweifel hat, sollte nicht investieren, bevor Klarheit herrscht. Das kann ein Gespräch mit einem unabhängigen Anwalt oder einem auf Kapitalanlagen spezialisierten Berater sein. Gerade im Bereich der erneuerbaren Energien ist viel möglich – aber auch viel Missbrauch im Umlauf. Vorsicht und gesunder Menschenverstand sind die besten Ratgeber.
Redaktion: Herr Reime, vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch!
RA Jens Reime: Ich danke Ihnen.
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