Wer in Vorleistung geht, trägt ein hohes Risiko“ – Rechtsanwalt Reime über den Betrugsverdacht bei einer Dresdner Photovoltaik-Firma

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Frage: Herr Reime, die Nachricht, dass ein Prokurist einer Dresdner Photovoltaik-Firma wegen schweren Betrugs in Untersuchungshaft sitzt, hat für einiges Aufsehen gesorgt. Worum geht es in dem Fall?

Rechtsanwalt Reime: Nach dem, was bisher bekannt ist, soll der Beschuldigte gemeinsam mit einer Mitangeklagten über längere Zeit hinweg bundesweit schlüsselfertige Photovoltaikanlagen verkauft haben – jedoch ohne die zugesagten Leistungen zu erbringen. Die Kunden sollen Zahlungen geleistet haben, zum Teil wohl in erheblichem Umfang, doch die Anlagen wurden entweder gar nicht oder nur unvollständig geliefert und montiert. Der Schaden soll bei mindestens vier Millionen Euro liegen – eine beträchtliche Summe.

Frage: Wie ist so etwas überhaupt möglich – müsste bei so einem Geschäft nicht schnell auffallen, wenn die Leistungen ausbleiben?

Rechtsanwalt Reime: Grundsätzlich ja, aber bei Investitionen in Photovoltaik sind Vorleistungen üblich. Kunden zahlen häufig Teilbeträge vorab – beispielsweise für Planung, Material oder die Reservierung von Komponenten. Wird dieser Prozess glaubhaft und professionell dargestellt, schöpfen viele zunächst keinen Verdacht. Problematisch wird es, wenn die Kommunikation dann abreißt oder ständig neue Ausreden geliefert werden – dann sollte man unbedingt handeln. In vielen Betrugsfällen werden genau diese Verzögerungen genutzt, um noch weitere Anzahlungen zu kassieren.

Frage: Ist das ein Einzelfall – oder sehen Sie ein Muster?

Rechtsanwalt Reime: Leider kein Einzelfall. In den letzten Jahren beobachten wir im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien – insbesondere Photovoltaik – eine Zunahme von Betrugsfällen. Der Markt boomt, es fließen hohe Summen, und viele Kunden haben nur begrenzte Erfahrung mit technischen oder baulichen Details. Das schafft ein ideales Umfeld für Betrüger, die professionell auftreten, aber keine echte Leistung liefern.

Frage: Was können geschädigte Kunden in diesem konkreten Fall tun?

Rechtsanwalt Reime: Zunächst sollten sie Strafanzeige bei der Polizei erstatten, sofern noch nicht geschehen. Parallel dazu empfiehlt sich, zivilrechtliche Schritte zu prüfen – etwa auf Rückzahlung der geleisteten Beträge oder Schadensersatz. Wichtig ist, alle Unterlagen zu sichern: Verträge, Zahlungsnachweise, Schriftverkehr. Je nach Fortschritt des Strafverfahrens kann auch die Teilnahme als Nebenkläger sinnvoll sein. Wenn das Unternehmen insolvent wird, sollten sich Betroffene außerdem frühzeitig in ein Insolvenzverfahren eintragen lassen.

Frage: Welche rechtlichen Konsequenzen drohen dem beschuldigten Prokuristen?

Rechtsanwalt Reime: Sollte sich der Tatverdacht bestätigen, handelt es sich um schweren gewerbsmäßigen Betrug. Das Strafmaß liegt in solchen Fällen durchaus im Bereich von mehreren Jahren Freiheitsstrafe. Auch zivilrechtlich kann der Betroffene in Regress genommen werden – etwa bei vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB. Zudem drohen berufsrechtliche und handelsrechtliche Konsequenzen, etwa ein mögliches Berufsverbot.

Frage: Was raten Sie potenziellen Kunden, die eine Photovoltaikanlage planen?

Rechtsanwalt Reime: Lassen Sie sich nicht nur vom Preis oder der Werbung blenden. Achten Sie auf ein transparentes Angebot, eine realistische Zeitplanung und klar geregelte Zahlungsmodalitäten – keine hohen Vorauszahlungen ohne konkrete Gegenleistung. Auch eine Bonitätsprüfung des Anbieters kann sinnvoll sein. Wer größere Summen investiert, sollte sich nicht scheuen, den Vertrag vorab rechtlich prüfen zu lassen. Das kostet weniger als ein Rechtsstreit im Nachhinein.

Frage: Vielen Dank für Ihre Einschätzung, Herr Reime.

Rechtsanwalt Reime: Gern geschehen.

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