Urteil gegen Solarfirma in Hannover – Hoffnung für geprellte Kunden? Ein Interview mit Rechtsanwalt Reime zur rechtlichen Lage und den Chancen auf Rückerstattung

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Interviewer:
Herr Reime, ein Gericht in Hannover hat eine Solarfirma zur Rückzahlung verurteilt, weil einem älteren Kunden eine Solaranlage verkauft, aber nie installiert wurde. Was halten Sie von diesem Urteil?

Rechtsanwalt Reime:
Das Urteil ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Zum einen zeigt es, dass die Gerichte bereit sind, die Rechte von Verbrauchern auch gegenüber Unternehmen durchzusetzen, die ihre vertraglichen Pflichten offensichtlich nicht erfüllen. Zum anderen könnte es Signalwirkung für eine Vielzahl ähnlicher Fälle haben, in denen Kunden Geld gezahlt haben, ohne jemals eine Gegenleistung zu erhalten.

Interviewer:
Inwiefern hat dieses Urteil Signalwirkung?

Rechtsanwalt Reime:
Viele Betroffene, gerade ältere Kunden, scheuen oft den Rechtsweg – sei es aus Unsicherheit oder aus Angst vor den Kosten. Dieses Urteil zeigt, dass es sich lohnen kann, den juristischen Weg zu gehen, selbst wenn man auf den ersten Blick meint, gegenüber einem Unternehmen ohnehin keine Chance zu haben. Es bestärkt andere Geschädigte darin, ebenfalls ihre Ansprüche prüfen zu lassen und gegebenenfalls einzuklagen.

Interviewer:
Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten rechtlichen Grundlagen in solchen Fällen?

Rechtsanwalt Reime:
Zentral ist hier das Vertragsrecht, insbesondere die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur sogenannten „Schlechtleistung“ oder „Nichtleistung“. Wenn ein Unternehmer eine Anlage verkauft, aber nicht liefert oder montiert, liegt eine Nichterfüllung des Vertrags vor. In diesem Fall kann der Käufer vom Vertrag zurücktreten und eine Rückzahlung fordern. Zusätzlich können unter Umständen auch Schadensersatzansprüche bestehen – etwa wegen Wertverlust der Immobilie oder entgangener Stromersparnis.

Interviewer:
Der Kläger war ein 85-jähriger Mann. Spielt das Alter bei solchen Verfahren eine Rolle?

Rechtsanwalt Reime:
Rechtlich nicht direkt – aber praktisch schon. Viele Unternehmen zielen mit ihren Verkaufsstrategien gezielt auf ältere Menschen ab, die möglicherweise nicht so internetaffin sind oder weniger Vergleichsmöglichkeiten haben. Das kann schnell in den Bereich des sittenwidrigen Geschäfts oder der arglistigen Täuschung rutschen. In solchen Fällen lassen sich besonders starke rechtliche Hebel ansetzen, um für Gerechtigkeit zu sorgen.

Interviewer:
Es bleibt unklar, ob der Kläger sein Geld überhaupt zurückbekommt. Wie schätzen Sie die Durchsetzbarkeit solcher Urteile ein?

Rechtsanwalt Reime:
Das ist leider ein häufiger Stolperstein. Ein gewonnenes Urteil bedeutet noch nicht, dass auch gezahlt wird. Wenn das Unternehmen keine liquiden Mittel mehr hat oder insolvent ist, können Gläubiger leer ausgehen. Umso wichtiger ist es, frühzeitig rechtlich gegen solche Firmen vorzugehen – bevor es zu spät ist.

Interviewer:
Was empfehlen Sie Betroffenen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden?

Rechtsanwalt Reime:
Sie sollten alle Unterlagen sammeln – Verträge, Zahlungsbelege, E-Mails – und sich anwaltlich beraten lassen. Wichtig ist auch, nicht zu lange zu warten. Je früher gehandelt wird, desto höher die Chancen auf Rückzahlung. Und wenn sich mehrere Geschädigte zusammenschließen, kann man unter Umständen auch mit Sammelklagen oder über Verbraucherzentralen mehr Druck aufbauen.

Interviewer:
Vielen Dank, Herr Reime, für Ihre Einschätzung und die praktischen Hinweise.

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