Frage: Herr Reime, der Solarhersteller Meyer Burger hat angekündigt, ab Mai 2025 in Thalheim Kurzarbeit einzuführen. Etwa 300 Mitarbeitende sind betroffen. Wie beurteilen Sie die rechtliche Grundlage für diesen Schritt?
Rechtsanwalt Reime: Kurzarbeit ist grundsätzlich ein Instrument, um wirtschaftliche Engpässe – wie in diesem Fall durch Materialmangel – flexibel abzufedern, ohne sofort Personal entlassen zu müssen. Voraussetzung ist eine entsprechende Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, was hier offenbar der Fall ist. Zudem muss die Kurzarbeit bei der Bundesagentur für Arbeit angezeigt und genehmigt werden. Wenn all das eingehalten wurde, ist der Schritt juristisch sauber.
Frage: Die Mitarbeitenden arbeiteten bisher im Schichtbetrieb rund um die Uhr. Muss man sich jetzt Sorgen machen um den Standort?
Rechtsanwalt Reime: Kurzarbeit ist in erster Linie eine temporäre Maßnahme – ein Signal, dass die Firma die Herausforderungen ernst nimmt, aber gewillt ist, den Betrieb aufrechtzuerhalten. Entscheidend ist, ob Meyer Burger mittelfristig wieder an Material kommt und die Nachfrage nach Hochleistungssolarzellen stabil bleibt. Sollte sich die Situation über mehrere Monate nicht verbessern, wäre das ein anderes Thema. Aktuell sehe ich jedoch keine unmittelbare Schließungsgefahr.
Frage: Was bedeutet diese Entwicklung aus Sicht der Anleger?
Rechtsanwalt Reime: Anleger sollten aufmerksam beobachten, wie transparent das Unternehmen mit der Situation umgeht. Kurzarbeit an sich ist kein Zeichen für Insolvenzgefährdung, kann aber auf strukturelle oder strategische Schwächen hinweisen. Wichtig ist, dass Meyer Burger offen kommuniziert, wie die Versorgungsketten gesichert werden sollen und welche Maßnahmen zur Stabilisierung geplant sind. Das Vertrauen des Kapitalmarkts hängt stark davon ab.
Frage: Meyer Burger hat auch Standorte für Forschung und Maschinenbau in Sachsen. Ist das ein Vorteil?
Rechtsanwalt Reime: Definitiv. Die Tatsache, dass Forschung und Maschinenbau an anderen Standorten weiterlaufen, ist ein Zeichen dafür, dass es sich bei der Kurzarbeit um ein lokal begrenztes und vorübergehendes Problem handelt. Das Unternehmen signalisiert damit: „Wir investieren weiter in Technologie und Produktion.“ Aus Investorensicht kann das Vertrauen stärken, sofern der Konzern seine Wertschöpfungskette absichert.
Frage: Gibt es rechtliche Fallstricke, über die Unternehmen bei der Einführung von Kurzarbeit stolpern könnten?
Rechtsanwalt Reime: Ja, zum Beispiel wenn Arbeitnehmer nicht ausreichend informiert oder einbezogen werden, oder wenn bei der Anzeige bei der Agentur für Arbeit formale Fehler passieren. Auch die Abrechnung des Kurzarbeitergeldes muss korrekt sein, sonst drohen Rückforderungen oder Bußgelder. Für Meyer Burger als international erfahrenes Unternehmen gehe ich jedoch davon aus, dass man hier professionell vorgeht.
Fazit von Rechtsanwalt Reime:
Kurzarbeit ist in dieser Situation ein legitimes Mittel – sie schafft Zeit, ohne dauerhaft Arbeitsplätze abzubauen. Entscheidend ist nun, dass Meyer Burger in den nächsten Wochen mit Lösungen aufwartet, wie die Materialversorgung stabilisiert werden kann. Anleger sollten die Entwicklungen genau verfolgen, aber nicht in Panik verfallen. Transparenz und unternehmerische Weitsicht werden jetzt zum entscheidenden Faktor.
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